Wie ein Gundelfinger vom Kommissar zum Zauberer wurde
- Maite Greul
- Badische Zeitung Sa, 22. Juni 2024,
Früher war Horst Struzyna Kriminalhauptkommissar. Heute verzaubert der Gundelfinger als Carlos sein Publikum. Doch um ein echter Zauberer zu werden, musste er mehrere Prüfungen bestehen.

Horst Struzyna verzaubert heute sein Publikum auf der Bühne. Seine Erfahrungen als ehemaliger
Kriminalhauptkommissar helfen ihm dabei. Foto: Maite Greul
Dort, wo eben noch die eigens ausgewählte Pik-Sieben im Kartendeck lag, verschwindet sie mit nur einem kurzen Fingerschnipsen und taucht dann plötzlich in einer Streichholzschachtel wieder auf. Wenn "Carlos der Zauberer" zaubert, fragt man sich immer wieder: "Wie zur Hölle macht er das?"
Nun, das würde Horst Struzyna, wie Carlos der Zauberer mit bürgerlichem Namen heißt, natürlich nie verraten. "Es ist das oberste Gebot, dass man keine Zauberticks verrät" – die einzige Ausnahme macht er bei Kollegen. Durch den Austausch mit Gleichgesinnten habe er viel gelernt, sagt der 73-jährige Zauberer aus Gundelfingen. Aber Kartentricks seien nicht wirklich seine Stärke – dafür fehle es ihm an Fingerfertigkeit und motorischem Geschick.
Zwei Stunden lang übt der Zauberer jeden Tag
Täglich übt Horst Struzyna Zaubern. Zwei Stunden in der Regel. Entweder er arbeitet an seinem Bühnenprogramm, lernt neue Tricks oder er eignet sich über Fachzeitschriften und Bücher noch mehr Wissen an. Dafür zieht sich Horst Struzyna in sein Zauberzimmer zurück. Über eine steile Wendeltreppe gelangt man in den ausgebauten Dachstuhl, der von einem Rundbogenfenster am Ende des Raumes mit Licht geflutet wird. "Das ist mein Bereich, hier gibt’s nichts anderes als Zauberei".
Dort oben lagert er all seine Zauberutensilien, die in Summe wahrscheinlich mehrere Tausend Euro gekostet haben, schätzt Struzyna. Heute hat er all das Equipment, wovon er als siebenjähriger Junge nur habe träumen können. Ein Zauberkoffer oder Ähnliches habe er in seiner Kindheit nämlich nie bekommen.
Wenn in Leipzig, wo Horst Struzyna bis zu seinem achten Lebensjahr aufwuchs, mal wieder große Spielwarenmesse war, hatte seine Familie regelmäßig einen Geschäftsmann zu Gast, der auf der Messe Zauberartikel erwarb. "Mit großen Augen bin ich dann immer da gestanden und dachte wow, wie toll", erinnert sich Struzyna. Doch mit der Zeit habe sich das Interesse an der Zauberei wieder gelegt. Seine Familie zog nach Südbaden, später folgte eine Karriere als Kriminalhauptkommissar bei der Polizeidirektion Freiburg und die Gründung einer eigenen Familie – erst in der Rente habe er die Magie wieder für sich entdeckt. Grund dafür: die Coronapandemie und sein damals neunjähriger Enkel.
Sein Enkel hat die alte Leidenschaft wieder geweckt
In der Pandemiezeit habe der Junge eine Zaubershow für die Familie einstudieren wollen und Horst Struzyna gefragt, ob er ihm dabei helfe. Also habe Struzyna mit seinem Enkel fleißig geübt und Anleitungen für Anfängertricks im Internet gekauft. Und tatsächlich, zu Weihnachten präsentierten die beiden eine 20-minütige Zaubershow. Der Enkel habe danach aber allmählich das Interesse an der Zauberei verloren, nicht so sein 73-jähriger Großvater.
Horst Struyzna blieb dran, doch musste bald feststellen: Ohne den Kontakt und den Austausch mit Gleichgesinnten kommt man als angehender Zauberer nicht sonderlich weit. "Mein Glück war, dass ich von dem Magischen Zirkel in Freiburg erfahren habe", sagt der pensionierte Kriminalhauptkommissar. Der örtliche Zauberzirkel ist einer von insgesamt 77 Ortszirkeln in Deutschland. Sie alle gehören dem Magischen Zirkel von Deutschland (MZvD) an – einer "internationalen Vereinigung der Zauberkünstler zur Pflege und Förderung der magischen Kunst". Rund 2800 Magier haben es in den Zirkel geschafft. Um als vollwertiges Mitglied aufgenommen zu werden, sind erstmal aber mehrere Phasen zu durchlaufen und Prüfungen abzulegen, erklärt die Pressesprecherin Michelle Spillner. "Auf ein ernsthaftes Interesse an der Zauberei kommt es an", sagt sie.
Ein Jahr Vorbereitung für die Zauber-Theorie-Prüfung
Zunächst könne man als Gast von den Erfahreneren lernen, um dann eine Anwärterprüfung abzulegen. Als Anwärter habe man wiederum die Möglichkeit, nach ein bis zwei Jahren intensiven Zaubertrainings, die große Prüfung zu absolvieren. Von einem dreiköpfigen Prüfungskomitee werde neben praktischem Können auch theoretisches Wissen über Zaubergeschichte, Psychologie und die Grundlagen der Zauberkunst abgefragt. Horst Struzyna hat diesen Weg ebenfalls hinter sich. Für die Theorieprüfung habe er, wie er selbst sagt, "schon so ein ganzes Jahr darauf gebüffelt" – mit Erfolg.
Derzeit arbeitet er an einem Programm, welches er bald auf einem Sommerfest in Düsseldorf präsentieren möchte. Für Struzyna ist dabei eines ganz wichtig: "Dass ich bin, so wie ich bin", nur unter anderem Namen eben. Der Künstlername Carlos sei ihm passender erschienen als Horst Struzyna.
Seine Bühnenfigur "Carlos – der Zauberer" profitiert aber auch von den vielen Erfahrungen, die Horst Struzyna als Kommissar erlebt hat. So habe er aus seinem früheren Beruf eine gewisse Menschenkenntnis mitgenommen. Die helfe ihm beispielsweise dabei, die "richtigen" Assistenten aus dem Publikum auszuwählen, wenn er Zuschauende für seine Tricks auf die Bühne holt. Am liebsten sind ihm die, die sich einfach begeistern lassen und nicht permanent wissen wollen, wie seine Tricks wohl funktionieren. Kinder seien deshalb auch ein schwierigeres Publikum, sagt der Zauberer aus Gundelfingen. "Die fragen zu viel nach", sagt er und lacht.
Auftritt in Gundelfingen
Am Samstag, dem 6. Juli 2024, tritt Horst Struzyna zusammen mit dem Magischen Zirkel Freiburg auf der Festivalwiese der Connect Kirche Breisgau in der Vörstetter Straße 13 in Gundelfingen auf. Die Kindervorstellung beginnt um 17 Uhr, die Abendshow um 20 Uhr. Der Eintritt ist frei, Spenden sind erwünscht. Bei schlechtem Wetter werden die Shows in den Saal verlegt.